Filmkritik: Three Billboards Outside Ebbing, Missouri

Lang lebe der König. Zumindest gilt das für Donald Trumps Traumwelt. In Ebbing, Missouri hingegen regiert die Verzweiflung, die Wut, die Unberechenbarkeit. Und das alles in Form von einer allein erziehenden Frau (Frances McDormand), deren Tochter vor einem Jahr von einem Mann vergewaltigt und anschließend angezündet wurde. Der Mörder wurde von der örtlichen Polizei nicht ausfindig gemacht, weswegen die aufgebrachte Mutter kurzerhand drei Werbetafeln außerhalb von Ebbing, Missouri anmietet und dort in großen, schwarzen Lettern auf rotem Hintergrund eine provokante Frage abdrucken lässt: "Warum noch keine Festnahmen, Chief Willoughby?" Der gutmütige Chief (Woody Harrelson) ist sichtlich bemüht, die Fronten zu klären, während ein unbändiger Officer (Sam Rockwell) nicht nur das Leben der wütenden Mutter schwer macht.
Martin McDonagh ist mit Three Billboards Outside Ebbing, Missouri ein wirklich sehr gutes Stück amerikanische Gesellschaftssatire gelungen, wie man sie in ihrer Perfektion vor allem von den Coen-Brüdern kennt. Für deren Fargo gewann Frances McDormand vor 21 Jahren ihren ersten Oscar - und mit ziemlicher Sicherheit wird sie ihren zweiten in diesem Jahr in Empfang nehmen. Die mittlerweile 60-jährige spielt intensiv, aufbrausend und rabiat, wie man es nur selten von großen Mimen gewohnt ist. Ihr gegenüber steht der nicht minder brillante Sam Rockwell, dessen Naivität gepaart mit seinem latenten Rassismus und dem Hang zur zügellosen Gewalt ein Ebenbild des dumpfen Amerikaners vom Lande ist, der Trump wählt, Waffen liebt und Frauen verachtet. Es ist eine erschreckende Spiegelung von Tatsachen und Klischees, während Rockwell hier einmal mehr eine hervorragende Schauspielleistung abliefert. Auch Woody Harrelson überzeugt als einziger, wirklicher Ruhepol des Films und hat einige wirklich tolle, gerade zu schöne und philosophische Momente - von denen es im Film nicht viele gibt.

Three Billboards Outside Ebbing, Missouri lebt wahrlich von seinen überspitzten Figuren, aber auch von deren oftmals sehr derben, lebendigen Dialogen. McDormand und Rockwell geben sich hier nicht viel, es hagelt Beleidigungen, Obszönitäten und dumme Sprüche von allen Seiten. Das muss man in der Tat erstmal schlucken, macht es doch fast alle Figuren sehr gewöhnungsbedürftig und fast ausnahmslos unsympathisch. McDormands Protagonistin ist dabei vielleicht gar die unsympathischste Heldin, die es lange im amerikanischen Kino zu sehen gab: Sie trinkt, raucht, flucht, ist egoistisch, stur, beleidigend, gewalttätig und kriminell. Und doch auch irgendwie verletzlich und gebrechlich.

Am Ende des Films fahren die beiden zentralen Figuren des Films in den Sonnenaufgang hinein - es ist ein bisschen wie in einem klassischen, amerikanischen Western, wenn die Helden der Geschichte ein Dorf gerettet und sich auf die Suche nach neuen Abenteuern machen. Nur dass in McDonaghs Film nicht wirklich etwas gerettet wurde - dazu gab es überhaupt keine Möglichkeit. Seine Figuren haben zu sehr gelitten, allesamt, als dass hier Erlösung wirklich möglich wäre. Und so ziehen sie von dannen - in ein anderes Leben. Ob es ihnen Frieden geben mag? Das kann durchaus bezweifelt werden. Und am Ende lebt er weiter, der König des Chaos. Nicht nur in Ebbing, Missouri.

★★★★☆



Originaltitel: Three Billboards Outside Ebbing, Missouri

USA/UK 2017 | Fox Searchlight Pictures | 115 Minuten | FSK 12 | D-Start: 25. Januar 2018
Regie: Martin McDonagh | Drehbuch: Martin McDonagh | Kamera: Ben Davis | Schnitt: John Gregory | Musik: Carter Burwell | Darsteller: Frances McDormand, Sam Rockwell, Woody Harrelson, Peter Dinklage, John Hawkes, Abbie Cornish, Caleb Landry Jones, Lucas Hedges, Samara Weaving, Clarke Peters

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