Filmkritik: Wonder Woman

Seien wir ehrlich: Marvel weiß, wie man unterhaltsame, bunte und vor allem auch gute Comicverfilmungen macht. DC dagegen... tut sich abseits von Christopher Nolans The Dark Knight-Trilogie (und selbst da war der Abschluss eher durchschnittlich) schwerer als nötig. Das liegt vor allem daran, dass man bei Warner einem Mann wie Zack Snyder das Ruder überlassen hat, der zwar visuell hervorragend arbeitet (sowohl 300, als auch Watchman waren dahingehend hervorragend, und selbst Sucker Punch hatte seine visuellen Reize), aber inhaltlich und emotional auf dem Niveau eines Michael Bay ist. Und zudem einen Hang zum übertrieben düsteren, ernsten Unterton seiner Filme hat. Und das war das Problem bei Man of Steel wie auch bei Batman V Superman: Dawn of Justice. Ein Haufen großer Stars helfen nicht, wenn der Film seelenlos und übertrieben düster daherkommt und sich ernster nimmt, als es für eine Comicverfilmung mit übermächtigen Superhelden gut ist. Und so war Gal Gadots Wonder Woman schon in Snyders letztem DC-Film der große (und ehrlich gesagt einzige) Lichtblick, brachte sie doch so etwas wie Charme und Humor in die Szenerie.

In ihrem ersten Solo-Film hat die große Amazone, die DCs erste Superheldin und einer der ältesten Superhelden überhaupt ist, eine nicht geringere Mission, als den ersten Weltkrieg zu beenden. Und hier fängt das Problem schon an: Der Film ist einfach viel zu pathetisch. Was hier an vor Pathos nur so triefenden Sätzen hervorgebracht wird, ist phasenweise kaum auszuhalten: Liebe rettet uns alle, Kuscheln beendet den Krieg. Mit einer solchen Einstellung schreitet Diana durch das moderne London, was zu Beginn noch amüsant ist, bei genauerer Betrachtung aber einfach nur ein Abklatsch dessen ist, was wir schon bei Marvels Thor und dessen erstem Besuch auf der Erde gesehen haben: Culture-Clash par excellence. Das ist kurz komisch, dann doch nur noch altbacken. Es hilft dabei auch nicht, dass die Handlung extremst vorhersehbar ist: Alle Figuren verhalten sich einmal mehr so unglaublich künstlich, dass schon bei seinem ersten Auftritt klar ist, wer am Ende der wahre Superschurke im Film ist. Und das ist, oh Wunder, natürlich nicht der Deutsche Erich Ludendorff, für den man nicht mal in der Lage war, auch einen deutschen Schauspieler zu engagieren. Wieso um alles in der Welt man im Übrigen die reale Person Erich Ludendorff zum größenwahnsinnigen Massenvernichtungswaffen-Hersteller macht, entzieht sich auch jeder Logik.

Darüber hinaus ist Patty Jenkins Film erfreulicherweise wesentlich unterhaltsamer als Zack Snyders Vorgänger im DC-Universum, was vor allem aber an den beiden überaus sympathischen Hauptdarstellern, Gal Gadot und Chris Pine, liegt. Gadot kämpft sich heroisch und naiv durch die deutschen Schützengräben (wie einst Captain America, zu dem es fortlaufend unzählige Parallelen gibt), während Pine als amerikanischer Spion von Anfang an den Drang hat, Diana zu beschützen, nur um dann immer selbst von ihr gerettet zu werden. Dianas eiserne Kampfkraft und ihr starker Wille, den Krieg zu beenden, indem sie den Kriegsgott Ares stoppt (den sie im Deutschen Ludendorff vermutet), sind bemerkenswert, aber mit der Zeit dann auch etwas aufdringlich. Es gipfelt am Ende, wie sollte es auch anders sein, in einem brachialen Showdown, in dem sich mal wieder übermächtige Mythengestalten mit Autos und Gebäudeteilen prügeln - der Einfluss Snyders ist also leider doch deutlich spürbarer als erhofft.

Und so macht Wonder Woman zwar einiges deutlich besser als die bisherigen DC-Universum-Filme von Zack Snyder - mehr Humor, mehr Unterhaltungswert, mehr Licht und Farbe und generell eine hoffnungsvollere Atmosphäre (und das trotz Kriegsschauplatz) - aber krankt dann doch wieder an seinen Vorgängern und den Plattitüden und Grundformeln des gemeinen Comicfilms: unausgereifte Geschichte, zu exzessive und übertriebene Kampfszenen, zu viel Pathos und Kitsch. Die Chemie zwischen Gal Gadot und Chris Pine und die Tatsache, dass endlich mal eine Frau die Fäuste fliegen lassen und der kriegerischen Männerwelt zeigen darf, wozu ihr Geschlecht fähig sein kann, retten einiges, doch der ganz große Wurf ist Patty Jenkins da noch nicht gelungen - da kann die (vor allem amerikanische) Presse noch so jubeln: Wonder Woman ist am Ende des Tages doch nur eine weitere durchschnittliche Comicverfilmung, die aus nicht nachvollziehbaren Gründen übertrieben gehypt und beklatscht wird.

★★★☆☆


Originaltitel: Wonder Woman

USA|CN|HK 2017 | Warner Bros. | DC Entertainment | 141 Minuten | FSK 12 | D-Start: 15. Juni 2017
Regie: Patty Jenkins | Drehbuch: Allan Heinberg | Kamera: Matthew Jensen | Schnitt: Martin Walsh | Musik: Rupert Gregson-Williams | Darsteller: Gal Gadot | Chris Pine | Connie Nielsen | Robin Wright | Danny Huston | David Thewlis | Saïd Taghmaoui | Ewen Bremner | Eugene Brave Rock | Elena Anaya | James Cosmo | Lucy Davis

Trailer:

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