Filmkritik: A World Beyond

In Zeiten der düsteren Zukunftsvisionen von Mad Max und Terminator und all den dystopischen Jugendbuch-Verfilmungen von Die Tribute von Panem über Maze Runner hin zu Die Bestimmung ist es eine angenehme Abwechslung, sich Brad Birds überaus optimistische, bunte Zukunft vorzustellen, in der die klügsten Köpfe unserer Welt einen Ort erbaut haben, an dem sie eine bessere Welt erschaffen möchten. Natürlich ist auch diese Zukunft, geschaffen von Bird (The Incredibles, Mission: Impossible - Phantom Protokoll) und seinem Co-Autor Damon Lindelof (Lost, Prometheus), nicht sorgenfrei. Doch ist es nicht die Zukunft, die der Menschheit zu bedenken geben sollte, sondern deren Gegenwart.

In A World Beyond entdeckt der begabte Erfinder Frank Walker (George Clooney) einen Countdown, der das Ende der Welt ankündigt. Gemeinsam mit der jungen, einfallsreichen und mutigen Casey (Britt Robertson, Under the Dome) und dem kleinen Robotermädchen Athena (Raffey Cassidy, Mr Selfridge) macht er sich auf, in die geheime Welt namens "Tomorrowland" zu kommen, um das Schicksal der Menschheit abzuwenden. Auf ihrem Weg dorthin werden sie von mordlüsternen Androiden verfolgt und müssen ihre eigenen Probleme zunächst einmal bereinigen. 

Brad Bird versteht es, hier drei vollkommen unterschiedliche Welten zu schaffen: "Tomorrowland" ist ein knallbunter, futuristischer Ort, der voller Wunder steckt: Vom mehrstöckigen Schwimmbad über Raketenrucksäcke hin zu gigantischen Robotern gibt es hier nichts, was es nicht gibt. In der Vergangenheit, die die Kindheit von Frank zeigt, der in den 50er Jahren die Weltausstellung besuchte (und von dort aus erstmals nach "Tomorrowland" gelangte), zeigt Bird eine Art Disneyland der Erfindungen - ebenfalls bunt und schrill. Die Gegenwart hingegen ist trist und deprimierend gezeichnet. Caseys Mutter ist (auch wenn das nie explizit erwähnt wird) gestorben, das Raketenstartgelände Cape Canaveral, der Arbeitsplatz ihres Vaters, soll demontiert werden (wonach er arbeitslos wäre), die Lehrer sind unmotiviert und predigen nur noch Untergangsszenarien, wobei keiner an einer Lösung interessiert zu sein scheint. Das ist das Konzept, der Gedanke hinter A World Beyond. Wir alle wissen, dass wir in einer Welt leben, die sich Schritt für Schritt ihrem Untergang entgegen bewegt. Doch an handfeste Lösungen glauben die wenigsten, kaum jemand wird tätig um etwas gegen dieses niederschmetternde Schicksal zu tun. "Tomorrowland" steht für diese Hoffnung.

Leider hat Birds Film ein folgenschweres Problem: er ist zu konventionell und unspektakulär. Nach einem etwas zähen Beginn (was durchaus am zu ausgedehnten Auftritt des jungen Frank Walker liegen mag) verfolgt man zunächst gespannt die Einführung von Casey und ihrem ersten Trip nach "Tomorrowland". Auch ihre Fahrt zusammen mit Athena zum alten Frank ist unterhaltsam - doch niemals besonders außergewöhnlich. (Die Ausnahme bildet ihr Besuch in einem SciFi-Comicladen mit einem großartigen Star Wars-Moment.) Es fehlt einfach das gewisse Etwas in der Geschichte. Zu harmlos ist das alles - vielleicht auch einfach zu familientauglich. Nicht selten muss man an Disneys frühere Live-Action-Familienfilme denken, von Mary Poppins hin zu Die tollkühne Hexe in ihrem fliegenden Bett. Statt Zeichentrickwelten gibt es hier "Tomorrowland", in das ein Erwachsener mit den Kindern reist. Das ist prinzipiell nichts Schlechtes, nur ist es irgendwie ein wenig zu "altbacken". Vielleicht hat der Film auch einfach ein Zielgruppenproblem: Das junge Publikum, für den die Figuren entworfen wurden, ist mit den SF-Elementen eventuell überfordert, die älteren Zuschauer können sich mit den Figuren nicht identifizieren. George Clooney kommt erst nach der Hälfte des Films zu seinem ersten richtigen Auftritt, und dafür, dass man den Film über immer wieder gesagt bekommt, wie wichtig Casey für die Rettung der Welt ist, ist sie am Ende doch erstaunlich überflüssig.

Keine Ahnung, wie man aus der Geschichte mehr hätte rausholen können, vielleicht gibt sie auch gar nicht mehr her - nicht mit dieser Figurenkonstellation -, aber A World Beyond ist leider inhaltlich recht seelenlos geraten. Dafür ist die visuelle Umsetzung großartig, Michael Giacchinos Score wie immer sehr gelungen und abwechslungsreich und zu dem versteht es Brad Bird auch, seinen Figuren Charme und Witz einzuverleiben. Einen Bärenanteil am Unterhaltungswert des Films liefert dabei Britt Robertson, die überaus lebensfroh und sympathisch agiert und der man eine große filmische Zukunft wünschen mag. 

★★★☆☆


Originaltitel: Tomorrowland

Regie: Brad Bird

Darsteller:
Britt Robertson ... Casey Newton
George Clooney ... Frank Walker
Raffey Cassidy ... Athena
Hugh Laurie ... Nix
Pierce Gagnon ... Nate Newton
Thomas Robinson ... Junger Frank Walker
Tim McGraw ... Eddie Newton
Kathryn Hahn ... Ursula
Judy Greer ... Mutter

USA 2015, 130 Min.
Walt Disney Pictures
Kinostart: 21. Mai 2015
FSK 12

Trailer:

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