Filmkritik: San Andreas


Wenn die Erde bebt, Hochhäuser einstürzen und ein Tsunami auf die Stadt zurollt, sollte man alles stehen und liegen lassen und genau eine Sache tun: auf schnellstem Wege zu Dwayne "The Rock" Johnson gelangen. Denn der ist in Brad Peytons San Andreas gewissermaßen der ähm... Fels in der Brandung. Das zeigt er schon in den ersten Minuten, als eine junge Frau mit ihrem Auto durch einen Steinschlag von der Bergstraße abkommt und dutzende Meter tief in eine Schlucht fällt. Johnsons Ray ist Rettungsflieger und muss seinen Mitstreitern gleich mal zeigen, wie man eine brenzlige Situation löst. Sein Mut wird danach nie mehr in Frage gestellt - es gibt nichts was diese Mann nicht kann.

Als der Seismologe Lawrence (Paul Giamatti) nämlich herausfindet, dass ein Jahrhundertbeben mit mehr als 9 Punkten auf der Richterskala die gesamte Westküste Kaliforniens heimsuchen wird, muss Ray sich gemeinsam mit seiner Frau Emma (Carla Gugino), die kurz zuvor die Scheidungspapiere an ihn geschickt hat, auf den Weg von Los Angeles nach San Francisco machen, um die gemeinsame Tochter Blake (Alexandra Daddario) zu retten, die dort mit Daniel (Ioan Gruffudd) dem neuen Freund der Mutter, unterwegs ist. Ray fliegt Helikopter und Flugzeuge, fährt teure Autos und schnelle Motorboote und würde niemanden verwundern, wenn er die einstürzenden Häuser nicht mit purer Muskelkraft beisammen halten würde. Er ist die Reinkarnation eines Superhelden - und natürlich demnach das Klischee des Helden schlechthin. Was diese Figur allerdings tatsächlich erträglich und geradezu überaus sympathisch macht bei all den übertriebenen Heldentaten (so rettet er immer wieder ihm wildfremde Menschen, was im gesamten Film kein anderer Mensch jemals macht) ist ihr Darsteller: Der 43-jährige ehemalige Wrestler ist zu einer der sympathischsten Gestalten Hollywoods geworden im Verlauf der letzten Jahre. Dass der Muskelprotz ein Comedytalent ist, hat er schon mehrfach bewiesen und auch in seinen Rollen als Actionheld wirkt er meist wie ein glaubhafter, normaler Typ - was sicherlich nicht den Drehbüchern geschuldet ist.

Das Skript von San Andreas ist nämlich hanebüchen und mit wissenschaftlichen Logiklöchern, die tiefer sind als der San Andreas-Graben jemals sein könnte. Umso tragischer ist es dabei, dass Lost-Autor Carlton Cuse das Drehbuch verfasst hat - was man einige Male sogar bemerkt. So gibt es tatsächlich die eine oder andere Sequenz, die stark an elementare und emotionale Momente aus J.J. Abrams Mysteryserie erinnert, wenn sie auch hier bei Weitem nicht dieselbe Wirkung zeigt. Davon abgesehen, dass natürlich ein Großteil der wissenschaftlichen Elemente des Films Unfug sind, dass die Dialoge albern ("Oh Shit" dürfte der meist verwendete Ausruf im Film sein) und die Handlung 0 Punkte auf der Innovationsskala aufweist, handeln die Figuren erstaunlicherweise realistisch und nachvollziehbar. Das wiederum ist vor allem der taffen Blake, Johnsons Filmtochter, zu verdanken, die mit Alexandra Daddario einen Lichtblick des Films darstellt.

Optisch kann man dem Film nicht wirklich etwas vorwerfen: Die Animationen sind größtenteils gelungen, die Bilder von Steve Yedlin (der als nächstes für Rian Johnson Star Wars: Episode VIII filmen wird) imposant, der Score von Andrew Lockington etwas pathetisch und das Ende - wer hätte es geahnt - lässt einen gigantischen star-spangled banner, eine US-Flagge, an der (noch niiiiiie zuvor zerstörten) Golden Gate Bridge in San Francisco wehen. Ja, man bekommt, was man vermutlich erwartet hatte. Nicht mehr, aber immerhin auch nicht weniger. Denn im Gegensatz zum letztjährigen Storm Hunters, einem der (wahrhaftig) katastrophalsten Filme der letzten Jahre, ist San Andreas durchaus auf seine Art unterhaltsam.

★★☆☆☆


Originaltitel: San Andreas

Regie: Brad Peyton
Drehbuch: Carlton Cuse
Kamera: Steve Yedlin
Schnitt: Bob Ducsay
Musik: Andrew Lockington

Darsteller:
Dwayne Johnson ... Ray
Carla Gugino ... Emma
Alexandra Daddario ... Blake
Ioan Gruffudd ... Daniel Riddick
Paul Giamatti ... Lawrence
Hugo Johnstone-Burt ... Ben
Art Parkinson ... Ollie
Will Yun Lee ... Dr. Kim Park
Kylie Minogue ... Susan Riddick

USA 2015, 114 Min.
Warner Bros. / Village Roadshow
Kinostart: 28. Mai 2015
FSK 12

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