Filmkritik: Mad Max: Fury Road

Wer jemals Zweifel daran hatte, dass George Millers Mad Max: Fury Road kein Fest für Augen und Ohren werden wird (es soll ja Menschen geben, denen die großartigen Trailer kein bisschen gefallen haben), sollte spätestens nach fünf Minuten überzeugt sein. Denn schon in diesen ersten Augenblicken bekommen wir alles, was das Herz begehrt: Bilder, die man so noch nicht gesehen hat, einen rasanten Schnitt, packende Musik, einen neuen Actionhelden und sein weibliches Pendant. Doch immer der Reihe nach.

Max (Tom Hardy), der Road Warrior, wird von den Zombie-artigen War Boys, haarlos und kreidebleich, gejagt und gefangen genommen, um als lebender Universalspender Blut bereitzustellen. Max, dessen Frau und Tochter getötet wurden (und ihm in grausigen Visionen immer wieder erscheinen), sinnt auf blutige Rache und versucht nun aus der Zitadelle, dem Reich des abartigen Immortan Joe zu entkommen. Während einer Verfolgungsjagd durch die unendliche, tödliche Wüste, bei der die War Boys die abtrünnige Furiosa (Charlize Theron) verfolgen, die ein paar bildhübsche junge Frauen aus Immortans Gewalt befreit hat und sie in das "Grüne Tal" bringen will, entkommt Max und schließt sich Furiosa an. Es beginnt ein rasanter, nicht enden wollender Kampf ums nackte Überleben.

Es ist ein Phänomen, wie der 70-jährige Australier Miller, zu dessen Repertoire nicht nur die ersten drei Mad Max-Filme zählen, sondern auch die Familienklassiker Ein Schweinchen namens Babe und die beiden Happy Feet-Animationsfilme, einen derart bildgewaltigen Actionfilm inszenieren konnte. Ein Genre, das für gewöhnlich den jüngeren Filmemachern vorbehalten ist, wird hier von Miller regelrecht revolutioniert. Noch nie - und diese Superlativen müssen nun einfach sein - hat man ein derartig gewaltiges Spektakel auf einer Kinoleinwand gesehen. Die Bilder von Oscar-Preisträger John Seale (Der englische Patient, Der einzige Zeuge, Harry Potter und der Stein der Weisen) sind derart poetisch komponiert, dass wirklich jeder Frame des Films einen fantastischen Still abgeben würde. Die Farbkomposition ist atemberaubend, die kräftigen, satten Blau- und Orange-Töne sind geradezu magisch, die tristen Wüstenaufnahmen (gefilmt in Australien und Namibia) spiegeln die post-apokalyptische Szenerie perfekt wieder, die spektakulären Autostunts sind gelinge gesagt geil. Auch dieser Ausdruck muss hier einfach erlaubt sein.

Der Schnitt verbindet diese großartigen Bilder zu einem rasanten, packenden, zweistündigen Adrenalinkick, der jeden einzelnen Fast and Furious-Teil wie ein lahmes Rennen auf der alten Carrera-Bahn aussehen lässt. Die Actionszenen sind dabei aber dankenswerterweise nicht im Millisekunden-Takt geschnitten, so dass man zum einen tatsächlich immer weiß, was gerade geschieht, und zum anderen sieht, wie handgemacht die Action bei Miller ist. Überhaupt ist hier überraschend viel mit praktischen Effekten gearbeitet worden: die abgedrehten, schrägen Autos, Trucks und Motorräder sind allesamt wirklich gebaut worden, sogar die Explosionen sind größtenteils real. Die fantastischen Kostüme und das großartige Make-up stammen von Richard Taylors WETA Workshop aus Neuseeland (den Oscar-Preisträgern hinter Peter Jacksons Mittelerde-Saga) - und als wäre das nicht genug, sind auch noch Sound und Filmmusik (vom Niederländer Tom Holkenborg alias Junkie XL) hervorragend.

Wer es noch immer nicht erahnen konnte: Mad Max: Fury Road setzt neue Maßstäbe für das moderne Kino - und das nicht nur für den Actionfilm. George Millers Wüstenorgie ist wahnsinnig, schräg, laut, brutal, wild, furios - kurz gesagt: Ein Meilenstein des Films. Miller alleine weiß, wie er diesen Film noch übertrumpfen will (es soll mindestens einen weiteren Film in der Reihe geben). In jedem Fall gab es noch nichts Vergleichbares auf einer Kinoleinwand zu sehen. Überflüssig zu sagen, dass er der beste Film des laufenden Kinojahres ist. Wenig überraschend, dass er sich nach nur einer Sichtung in die Liste meiner ewigen Lieblingsfilme eingebrannt hat. Luke, Frodo, Lawrence, Simba... darf ich vorstellen: Max. Mad Max.

★★★★★


Originaltitel: Mad Max: Fury Road

Regie: George Miller
Drehbuch: George Miller, Brendan McCarthy & Nick Lathouris
Kamera: John Seale
Schnitt: Jason Ballantine
Musik: Junkie XL

Darsteller:
Tom Hardy ... Max Rockatansky
Charlize Theron ... Imperator Furiosa
Nicholas Hoult ... Nux
Hugh Keays-Byrne ... Immortan Joe
Zoë Kravitz ... Toast the Knowing
Rosie Huntington-Whiteley ... The Splendid Angharad
Riley Keough ... Capable
Abbey Lee ... The Dag
Courtney Eaton ... Cheedo the Fragile
Nathan Jones ... Rictus Erectus
Angus Sampson ... The Organic Mechanic
John Howard ... The People Eater
Richard Carter ... The Bullet Farmer

AUS/USA 2015, 120 Min.
Warner Bros. / Village Roadshow
Kinostart: 14. Mai 2015
FSK 16

Trailer:

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