Filmkritik: Jupiter Ascending

Angenommen man hätte nicht schon so viel Negatives über den Film gelesen, wüsste nichts von der Verschiebung des Starts um mehr als ein halbes Jahr und hätte auch keinen der Trailer gesehen, dann hätte Jupiter Ascending theoretisch ein großer Fantasytrip in die Weiten des Alls werden können. Die passenden Zutaten dafür gibt es jedenfalls reichlich: Mit den Wachowski-Geschwistern Andy und Lana sitzen zwei Filmemacher auf dem Regiestuhl, die mit Matrix einen der wegweisendsten SF-Filme der Filmgeschichte vorgelegt hatten, Channing Tatum ist derzeit einer der angesagtesten Stars des amerikanischen Kinos und generell ist die Idee von einem weltenübergreifenden Kampf dank Star Wars eines der beliebtesten Themen für einen SF/Fantasyfilm. Doch leider entpuppt sich der Film letztendlich doch als wahnwitzige Achterbahnfahrt - im schlechtesten Sinne wohlgemerkt.

Alles beginnt damit, dass sich zwei Studenten in Russland verlieben: Sie, die schöne Russin, er der poetische Amerikaner, der die Sterne erforschen möchte. Es ist ein märchenhafter Beginn, der stark an Der Sternwanderer erinnert und schon Hoffnung auf einen unterhaltsamen Kinoabend macht - doch diese Hoffnung wird nur bedingt erfüllt. Das Ergebnis dieser Liebe ist jedenfalls Jupiter, die in Mila Kunis keine allzu überzeugende Heldin gefunden hat. Kunis spielt wie immer, was zunächst einmal nicht schlecht sein muss, in ihrem Fall aber schnell langweilig wird. Ihre Jupiter Jones ist langweilig, entscheidungsschwach und ab und an sogar nervtötend. Ihr gegenüber steht der Lykaner Caine, der von Channing Tatum als cooler Weltraumheld und Beschützer der Galaxis dargestellt wird. Auch Tatum ist eben einfach er selbst, hat aber leider zum einen die deutlich geringere Screentime als Mila Kunis, zum anderen auch zu wenig lustige Szenen, die dem Film durchaus gut getan hätten. Sean Bean spielt einen als Han Solo-Verschnitt angelegten Schurken, der irgendwie doch kein Schurke ist, bleibt aber genauso im Hintergrund wie die meisten anderen (Neben)Charaktere. Und das ist schon eines der Hauptprobleme von Jupiter Ascending: Es gibt so viele potentiell interessante Figuren, über die man aber einfach fast nichts erfährt, weswegen sie am Ende doch irgendwie uninteressant und beliebig bleiben. Wenn eines für eine solche Heldenreise der Genickbruch ist, dann sind es flache Charaktere, mit denen man sich weder identifizieren kann, noch mehr von ihnen weiß, als ihren Namen.

Und als wäre das nicht schon schlimm genug, ist die Geschichte dann der wahre Kern des Übels: Actionsequenz folgt auf Actionsequenz (und die sind gut inszeniert, keine Frage!), man flieht von einem Ort zum nächsten und die Bösewichte schmieden immer finsterere Pläne. Nichts davon ist neu, innovativ oder kreativ. Es sind Bruchstücke aus verschiedenen Filmen des Genres in ein visuell beeindruckendes, neues Gewand verpackt, mehr aber auch nicht. Eine der besten Szenen des Films ist eine offensichtliche Kopie aus Douglas Adams' Per Anhalter durch die Galaxis: Wenn sich die Königin Mila Kunis ihren Adelstitel bestätigen lassen will, muss sie von Ministerium zu Ministerium, Formulare und Anträge noch und nöcher ausfüllen - und landet dann bei keinem geringeren als Terry Gilliam persönlich, dem Monty Python und Schaffer von solche bizarren Welten wie 12 Monkeys und Brazil - auf den Gilliams Auftritt auch eine Hommage ist. Die Charaktere sind so eindimensional, dass es schmerzt: Die Bösen sind immer böse, die Guten immer gut. Kaum verrät Sean Beans Stinger unsere Helden, zeigt er Reue und hilft ihnen bis zum verdienten Sieg über die voller Klischees behafteten Antagonisten, von denen der eventuelle künftige Oscar-Preisträger Eddie Redmayne den niederträchtigsten spielt - und das so überzogen und aufgesetzt, dass man ihm den Oscar am liebsten wieder aus den Händen entreißen möchte... sollte er denn wirklich gewinnen. Verschenkte Talente gibt es hier zu Hauf: ob Douglas Booth, Tuppence Middleton, James D'Arcy oder Gugu Mbatha-Raw - sie alle sind junge britische Talente, die hier vollkommen verschenkt wurden.

Wie verwirrend alleine die Dreharbeiten sein mussten, kann man Gilliams Bericht darüber entnehmen:
I knew the Wachowskis from… when they were brothers. And I always thought they were terrific and they offered me this part, and the scene for them is a homage to Brazil and it required lots of uglifying makeup and it was just a silly day, with Mila Kunis and Channing Tatum and me, sitting chewing up the scenery. I’m just clerk in the film but it allows me to climb ladders and behave in a strange way.Mila, [was mostly just] staring at me, “What the fuck is he doing now?” And Channing, all he has to do is bring her into this office space and then take her away. And it was funny because he was supposed to exit through a certain door and he kept on going out through the wrong door, because I think he was just, “What is going on here?”
Michael Giacchinos Filmmusik sollte jedoch besondere Beachtung geschenkt werden - denn die lässt so manche peinliche Szenerie im Film immerhin akzeptabel erscheinen und ist in manchen Momenten sogar dazu in der Lage, dem Film ein gewisses Maß an epischer Form zu gewähren. Die visuellen Effekte sind da natürlich auch wichtiger Bestandteil, das Setdesign und die vielen, kreativen Alienrassen auch. Sogesehen ist Jupiter Ascending ein optischer Leckerbissen, der es aber einfach nicht schafft, eine gute, spannende oder gar innovative Geschichte zu erzählen. Es ist der altbekannte Kampf eines einzelnen Helden und seiner wenigen Helfer gegen das große Böse, natürlich gewinnen die Guten und natürlich ist der Weg dorthin lang und schwer. Doch er ist von den Wachowskis einfach viel zu harmlos, altbacken und uninspirierend umgesetzt worden und macht einfach über lange Strecken nur leidlich Spaß. Und das ist dann natürlich das Schlimmste: wenn sogar die Lust auf mehr Weltraum-Action verpufft und die Dialoge einem Tränen in die Augen treiben - weil sie so unfassbar schlecht, pathetisch und kitschig sind, dass sich einem die Nackenhaare aufstellen.

★★☆☆☆


Originaltitel: Jupiter Ascending


Regie & Drehbuch: Andy Wachowski & Lana Wachowski
Kamera: John Toll

Darsteller:
Mila Kunis ... Jupiter Jones
Channing Tatum ... Caine Wise
Sean Bean ... Stinger Apini
Eddie Redmayne ... Balem Abrasax
Douglas Booth ... Titus Abrasax
Tuppence Middleton ... Kalique Abrasax
Nikki Amuka-Bird ... Diomika Tsing
Gugu Mbatha-Raw ... Famulus
Tim Pigott-Smith ... Malidictes
James D'Arcy ... Maximilian Jones
Terry Gilliam ... Minister für Siegel und Stempel

USA 2015, 127 Min.
Warner Bros.
Kinostart: 05. Februar 2015
FSK 12

Trailer:

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