Filmkritik: Mortdecai

Charlie Mortdecai ist Kunstexperte, Kleinganove und vermutlich der größte Idiot auf Erden. Zumindest letzteres lässt sich nach Ansicht von David Koepps Mortdecai eventuell auch mit der Tatsache widerlegen, dass im Grunde sämtliche Figuren hier Idioten sind. Und damit sind wir auch schon beim Hauptproblem dieser äußerst schrägen, fragwürdigen Komödie: Ihre Figuren sind so überzeichnet, dass man gar nicht weiß, ob man noch lachen, oder einfach nur abschalten (bzw. den Kinosaal verlassen) sollte.

Johnny Depp hat sich in den letzten Jahren mehr als schwer getan: War er zwischen 2004 und 2008 gleich dreimal als bester Hauptdarsteller für einen Oscar nominiert, folgten in den Folgejahren regelrechte Rohrkrepierer oder mittelschwere Enttäuschungen. Ob Alice im Wunderland, The Tourist, Pirates of the Caribbean: Fremde Gezeiten, Dark Shadows und Transcendence. Kein einziger dieser Filme war auch nur halb so gut wie die schwächeren Depp-Werke vor 2008, einzig der Mega-Flop Lone Ranger war unterhaltsames Popcornkino - aber auch hier spielte Depp die gleiche Figur, die er seit Jack Sparrow immer wieder zum besten gibt. Und das merkt nicht nur die Kritik, sondern eben auch das Publikum: Vom Kassenhit Alice im Wunderland einmal abgesehen waren alle Depp-Filme seit 2008 katastrophale Flops - und auch Mortdecai hat sich hier nun grandios eingereiht: Mit nicht einmal 5 Millionen Dollar Einspiel in den ersten fünf Tagen ist dies der schlechteste Breitenstart aller Zeiten für Johnny Depp. Da sollte mal dringend jemand den Agenten wechseln.

Nun, es ist natürlich nicht nur Depps überdrehtes Overacting, das den Film (wie schon eben Alice, Dark Shadows oder Lone Ranger zuvor) so charakterschwach macht, es sind auch die unterirdischen Dialoge. Vom Fäkalhumor über Altherrenwitze wird hier wirklich alles geboten - und nur wenig davon ist auch nur ansatzweise lustige. Es gibt genau eine Figur, die wirklich gelungen ist: Paul Bettanys knallharter Jock, Diener und Leibwächter Mortdecais in einer Person, ist mit seinem trockenen Humor und der eiskalten Mimik der Rettungsanker der Geschichte, die ansonsten tatsächlich nur aus Johnny Depps Slapstickeinlagen besteht. Wie ein schlechter Buster Keaton in Farbe hangelt sich Mortdecai von einer Peinlichkeit in die nächste, die Damenrunde um Gwyneth Paltrow und die nervige Olivia Munn bleibt blass und Ewan McGregor wird zu einer ehrenwerten, charmanten, aber doch vollkommen verschenkten Beilage in diesem schlechten Menü, das einfach nicht schmeckt.

★★☆☆☆


Originaltitel: Mortdecai

Regie: David Koepp
Drehbuch: Eric Aronson
basierend auf dem Buch "Don't point that thing on me" von Kyril Bonfiglioli
Kamera: Florian Hoffmeister
Schnitt: Derek Ambrosi & Jill Savitt
Musik: Mark Ronson & Geoff Zanelli

Darsteller:
Johnny Depp ... Mortdecai
Gwyneth Paltrow ... Johanna
Paul Bettany ... Jock
Ewan McGregor ... Martland
Olivia Munn ... Georgina
Michael Culkin ... Sir Graham
Ulrich Thomsen ... Romanov
Jeff Goldblum ... Krampf
Nicholas Farrell ... Auktionär

USA 2015, 107 Min.
StudioCanal
Kinostart: 22. Januar 2015
FSK 6

Trailer:

Kommentare