Filmkritik: Godzilla

An einen Film wie Godzilla geht man zweifelsohne mit einer gewissen Erwartung heran: Entweder man will spektakuläre Zerstörungsorgien oder man hofft vielleicht doch eher auf einen subtileren, handlungsbetonenderen Monsterfilm. Mit Gareth Edwards hat nun ein Filmemacher das Zepter in die Hand genommen, der mit Monsters schon einen sehr guten Monsterfilm gedreht hat und der richtungsweisend für die Erwartungshaltung an einen neuen Film über Japans riesigen Ehrenbürger sein müsste.

Edwards Film beginnt mit einer klassischen Vorspannsequenz, die ähnlich der von Roland Emmerichs 1998er Godzilla vor allem den nuklearen Zusammenhang herstellt. Doch schon nach kurzer Zeit wissen wir, dass im Gegensatz zu Emmerichs Film die Atomtests im Südpazifik in den 1950er Jahren keineswegs einfach nur Tests waren: Hier sollte etwas ausgerottet werden, was aus den Tiefen des Meeres kommt. Das erinnert nun natürlich an den letztjährigen Kaiju-Kracher Pacific Rim von Guillermo Del Toro, doch wo der Monsterfilm des mexikanischen Multitalents auf SF-Elemente und schwarzen Humor setzte, wendet sich Edwards Version eher dem Realismus und der Ernsthaftigkeit zu. Und das führt zu einer sehr düsteren, dichten Atmosphäre, die sich immer weiter aufstaut, nur um am Ende dann zu explodieren.

Bryan Cranston und Juliette Binoche spielen das Wissenschaftler-Ehepaar Joe und Sandra Brody, das in einem japanischen Atomkraftwerk arbeitet, bis es dort zu einem katastrophalen Unglück kommt. Jahre später versucht Joe immer noch, die Wahrheit hinter dem Unglück herauszufinden. Der zum Verschwörungstheoretiker gewordene Biochemiker ist ein sehr vielversprechender Charakter, der leider zu kurz innerhalb der Geschichte kommt - was am Ende durchaus etwas schade und verschenktes Potential ist. Der Film versetzt nach dem Zeitsprung die Handlung in die Gegenwart, in der Brodys Sohn Ford (Aaron Taylor-Johnson, der heimliche Hauptdarsteller unter den menschlichen Figuren), glücklich verheiratet mit Elle (Elizabeth Olsen), durch eine Reihe unglücklicher Umstände mitten ins Geschehen katapultiert wird. Die erste halbe Stunde des Films ist ungemein spannend, baut Stück für Stück die Atmosphäre auf, lässt die gigantischen Echsen nur angeschnitten auftreten. Spätestens nach dieser halben Stunde ist klar: Godzilla ist nicht der einzige Predator, der die Menschheit vernichten könnte. Von nun an läuft die Zeit davon: Die Mutos (Massive unidentifizierte terrestrische Organismen) und Godzilla bewegen sich über Hawaii in Richtung San Francisco - und das Militär versucht alles, um die Menschheit zu retten.

Natürlich gibt es Monsterkämpfe, Zerstörungsorgien und tief brummende Bässe, die noch drei Kinosäle weiter zu hören sind. Das ist natürlich der Punkt eines Godzilla-Films, mit dem jeder Zuschauer rechnen wird. Doch dass es im Grunde eine Stunde dauert, bis es wirklich rund geht und die Echse aller Echsen ihren ersten Auftritt hat, spricht für Edwards Suspense-Gestaltung: Wie in Monsters wird zunächst einmal gegeizt an visuellen Monstren, viel mehr werden die handelnden Figuren entfaltet. Leider sind die aber ein wenig zu monoton geraten, als dass man sich weiter für ihr Schicksal interessieren würde. Cranstons Charakter wäre der mit dem meisten Potential gewesen, doch wird er leider zu früh aus der Handlung genommen. Auch Elizabeth Olsen und Sally Hawkins, als Assistentin des japanischen Wissenschaftlers Serizawa (Oscar-Nominee Ken Watanabe), hätte man gerne etwas mehr in die Handlung integriert gesehen. Doch dafür ist am Ende gar keine Zeit mehr, denn natürlich muss der Film auf eines hinauslaufen: Den Endkampf.

Und der hat's in sich: San Francisco wird, soviel darf verraten werden, am Ende in Schutt und Asche liegen. Das Monster-Trio tobt sich hier so richtig aus und der Zuschauer darf (insofern er sich darauf einlässt) sich ergötzen an den beeindruckenden visuellen Effekten. Das Design der Kreaturen ist hervorragend gelungen, generell sind die Effekte perfekt. Die Bewegungen und Mimiken der Monster wurden von Andy Serkis' Motion Capture Firma The Imaginarium überwacht, Serkis selbst wird im Abspann als "consulter" für Motion Capture Aufnahmen genannt. Und in der Tat wird der Zuschauer eindeutige Sympathien mit Godzilla teilen. Der Score von Alexandre Desplat hätte dagegen etwas epischer sein können, außer dem Titelthema blieb die Filmmusik doch sehr zurückhaltend und unspektakulär. Aber auch das passt zu Edwards' Stil.

Gareth Edwards Godzilla beginnt als mythischer Verschwörungsthriller, als Familiendrama und atmosphärisch dichter Monsterfilm, der sich sehr viel Zeit nimmt, bis er seine gigantischen Hauptdarsteller voll entblößt. Bis dahin liegt der Fokus auf den menschlichen Figuren, die leider teilweise zu kurz kommen, und auf der Spannungserzeugung durch spärlich angelegte Monster-Momente. In der zweiten Hälfte dann läuft alles auf einen gigantischen Showdown hinaus - und der dürfte keinen Fan von Verwüstung und Zerstörung enttäuschen. Hier bleibt kein Stein auf dem anderen (oder viel mehr: kein Stockwerk auf dem anderen), "episch" ist wohl die beste Beschreibung. So ist der Film am Ende im Grunde wie Edwards Erstling Monsters. Kontinuierlich läuft es auf einen Monster-Showdown hinaus. Nur dass der eine Film 500.000 Dollar, und der andere 160 Millionen Dollar gekostet hat.

★★★★☆


Originaltitel: Godzilla


Darsteller:
 ... Ford Brody
 ... Dr. Ichiro Serizawa
 ... Joe Brody
 ... Elle Brody
 ... Vivienne Graham
 ... Sandra Brody
 ... Admiral William Stenz

USA 2014, 123 Min.
Warner Bros.
Kinostart: 15.05.2014
FSK 12

Trailer:

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