Filmkritik: Spuren

2000 Meilen von Alice Springs, dem Mittelpunkt Australiens, durch die unendliche Wüste hin zur Küste des Indischen Ozeans im Westen. Das war das Vorhaben der damals 25-jährigen Robyn Davidson. Mit den vier Kamelen Bub, Dookie, Zeleika und Goliath sowie ihrem treuen Hund Diggity wanderte sie alleine los und schaffte ihr Ziel unter lebensbedrohlichen und letztendlich auch dramatischen Umständen nur dank der Hilfe des National Geographic-Fotografen Rick Smolan, der ihr bei einigen wenigen Treffen Gesellschaft und Wasser lieferte, den wenigen Bewohnern dieser wunderschönen, aber tödlichen Wüste und vor allem dank ihrer Kamele und ihrem Hund. Spuren ist die Verfilmung einer wahren Begebenheit, die 1975 die Welt in Atem hielt und die Grenzen des Möglichen neu definierte.

Mia Wasikowska ist dabei in der Rolle der Robyn Davidson zu sehen und geht wirklich bis zum Äußersten: Psychische und physische Barrieren werden überschritten, Körper und Geist auf eine harte Probe gestellt. Wasikowska zeigt dabei einmal mehr, dass sie zu den größten Hoffnung ihrer Generation gehört und vor allem zu einem frischen Schwung junger Stars aus Australien. Ihr Zusammenspielt mit den Kamelen und dem Hund Diggity ist so herzzerreißend und packend, dass man die Tiere noch mehr in sein Herz schließt als die menschlichen Nebenfiguren, die nur am Rande in Erscheinung treten. So ist die leichte Romanze zwischen Davidson und dem Fotografen Smolan, den sie anfangs überhaupt nicht leiden kann, nicht ansatzweise so emotional, wie die Beziehung zwischen ihr und Diggity. Der schlaue Hund rettet ihr nicht nur einmal das Leben und wird zum wichtigsten Nebencharakter des Films. Auch die Kamele, stolze und gewaltige Tiere, die so herrlich lustig aussehen und doch so liebenswert sind, haben sich schnell einen Platz im Herzen des Betrachters erarbeitet, so dass Adam Drivers Smolan nur die zweite Geige spielt. Und das ist das Gute an John Currans Film: Er legt den Fokus auf das Wesentliche: Die Landschaft und die Tiere, die zu Feind und Freund der Abenteurerin werden.

Spuren ist traumhaft gefilmt, liefert einige der hochwertigsten Wüstenbilder eines Spielfilms, die man je auf der großen Leinwand sehen konnte. Kamerafrau Mandy Walker (Australia) arbeitet mit weiten Cinemascope-Einstellungen, Unschärfen, Close-ups und Panorama-Aufnahmen, sie tut alles, um die australische Natur als bildschöne Gewalt zu inszenieren. Wüstensand, Dünen, Kängurus, Emus, wilde Kamele oder Schlangen - Australiens Flora und Fauna der Wüste kommt hier exzellent zur Geltung, jede Einstellung ist ein Kunstwerk, der Film stellenweise mehr Dokumentation als Spielfilm. Mit kräftigen Farben, dem Einsatz von Zeitlupe und der wunderschönen, emotionalen Musik von Garth Stevenson entwickelt sich der Film in Windeseile zur Wüsten-Ausgabe des amerikanischen Naturspektakels Into the Wild, das ebenfalls auf der wahren Begebenheit eines einzelnen Abenteurers basiert.

Besonders faszinierend ist zudem die schöne Einbindung der Aborigines, über die man in der Buchvorlage natürlich noch etwas mehr erfährt, die aber in Currans Film ebenfalls eine sehr wichtige Rolle spielen. Der "old fellow" Mr. Eddy (Roly Mintuma) ist zudem für die lustigsten Momente des Films zuständig. Die Momente, in denen man etwas über die Aborigines-Kultur erfährt, sind außerdem äußerst informativ und interessant.

Und so ist Spuren vielleicht nicht jedermanns Sache, da wenig gesprochen (dann aber in teilweise schönstem Aussie-English) und noch weniger gehandelt wird. Doch John Currans Film ist, wie Sean Penns Into the Wild, ein bildgewaltiges Abenteuer, faszinierend, wunderschön, lebensfroh, ermutigend, ehrlich und geradezu meisterlich. Ein Film, bei dem man lernen und staunen kann und der vor allem für all diejenigen, die schon einmal in der australischen Wüste waren, eine Zeitreise zurück ist an den Moment, in dem man vielleicht vor dem gewaltigen Monolithen Uluru oder unter dem unendlichen Sternenhimmel stand und die Welt auf einmal mit anderen Augen sah. Down under ist eben doch alles ein wenig anders. Und hinterlässt bei jedem, der dort war auch... Spuren.

★★★★★


Originaltitel: Tracks

Regie: John Curran
Drehbuch: Marion Nelson
basierend auf dem Tatsachenroman von Robyn Davidson
Kamera: Mandy Walker
Musik: Garth Stevenson

Darsteller:
Mia Wasikowska ... Robyn Davidson
Adam Driver ... Rick Smolan
Rainer Bock ... Kurt Posel
John Flaus ... Sallay
Roly Mintuma ... Mr. Eddy
Lily Pearl ... Young Robyn Davidson
Robert Coleby ... Pop

AUS 2013, 112 Min.
AscotElite
Kinostart: 10.04.2014
FSK 12

Trailer:

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