Filmkritik: Planet der Affen - Prevolution

Als Tim Burton vor zehn Jahren sein Remake des ersten Planet der Affen Films von 1968 veröffentlichte, schaffte der Film zwar den damals zweitbesten Start aller Zeiten in den USA, bei den Kritikern fiel das vielleicht schwächste Werk des Ausnahmeregisseurs allerdings durch. Rupert Wyatt ergeht es mit seinem Prequel zu Pierre Boulles utopischem Roman, in dem überintelligente Affen die Herrschaft übernehmen, gänzlich anders: Der 38jährige Brite, dessen The Escapist sein bislang einziger Spielfilm war, überzeugt mit seiner Vision, der Prevolution, auf ganzer Ebene und stellt alle anderen bisherigen Verfilmungen nicht nur technisch, sondern auch dramaturgisch in den Schatten.

Der junge Wissenschaftler Will Rodman (James Franco, 127 Hours) testet an Schimpansen ein Heilmittel gegen Alzheimer. Bei der Versuchsreihe stellt sich heraus, dass die Affen erhöhte Intelligenz aufweisen und spezielle Tests in Rekordgeschwindigkeiten absolvieren, doch als es zu einem Unfall im Labor kommt, muss Will einen Babyaffen bei sich zu Hause großziehen. Caesar (Andy Serkis, Prestige) entwickelt sich durch das Heilmittel zu einem übermäßig intelligenten Wesen, das wie ein Mensch denken und per Zeichensprache sogar mit ihm kommunizieren kann. Als einige Jahre später der ausgewachsene Caesar den an Alzheimer Erkrankten Vater von Will (John Lithgow, Terms of Endearment) vor einem aufgebrachten Nachbarn beschützen will, kommt es zu einem folgenschweren Unglück und Caesar wird weggesperrt. Gepeinigt von den Aufsehern plant Caesar mit anderen gefangenen Affen den Ausbruch. Der Kampf gegen ihre Unterdrücker beginnt.

Planet der Affen: Prevolution ist zu keinem Zeitpunkt ein Film über Menschen, sondern ein Film über Affen. Keine menschliche Figur des Films, nicht einmal die vom Oscar-nominierten James Franco gespielte Titelfigur, wirkt so „menschlich“ wie Caesar, dem der großartige Andy Serkis (der schon Gollum in Peter Jacksons Herr der Ringe-Filmen und Kong in King Kong spielte) mittels Motion Capture Verfahren mehr Menschlichkeit gibt, als sie irgendeine andere Figur des Films hätte. Caesar ist anfangs das kleine, unschuldige Kind, neugierig und verspielt, später der liebevolle, sich um den Vater kümmernde Schimpanse, gehorsam, artig und friedlich. Doch alles hat seine Grenzen: Als er dank seines immer weiter steigenden IQs versteht, dass die Affen nur für Versuche missbraucht werden und er selbst von einem Pfleger (Tom Felton, Harry Potter) misshandelt wird, kommt es zur Revolution. Und die inszeniert Wyatt als so bitterbös-sarkastische Gegenüberstellung (Affen gegen berittene Soldaten auf der Golden Gate Bridge!), dass dem Zuschauer gar keine andere Wahl bleibt, als sich auf die Seite der Affen zu stellen. Sie kämpfen für Freiheit und Gerechtigkeit, ein Plädoyer nicht nur gegen Tierversuche, sondern gegen jede Unterdrückung durch Menschen auf der ganzen Welt. Kein Affe im Film ist wirklich böse (anders also als beispielsweise General Thade in Burtons Film), sie alle wollen einfach nur in Frieden gelassen werden.

Der Versuch Wills, ein Heilmittel gegen Alzheimer zu finden, ist anfangs noch nobel, doch die Tierversuche nehmen immer weiter zu und geraten außer Kontrolle. Das sieht der junge Wissenschaftler schließlich auch ein, kündigt gar in seiner Firma, das hält den profitgierigen Konzernleiter allerdings nicht davon ab, weiter zu machen. Der mad scientist par excellence quasi, der seinen eigenen Untergang erschafft. Wyatt schafft es wirklich, einen so ungeheuren Hass auf die Menschheit zu erzeugen, dass man am Ende mit nur noch wenigen Menschen sympathisiert. Überhaupt interessiert sich der Zuschauer gar nicht wirklich für die menschlichen Charaktere und Wyatt inszeniert ihre Geschichte auch recht zweitrangig – zum Glück! Da trifft Will eines Tages auf die Tierärztin Caroline (Freida Pinto, Slumdog Millionaire), sie verlieben sich, ziehen zusammen. Doch das wird ganz beiläufig erzählt, kein Kitsch, keine unnötige Liebesgeschichte mit dramatischen Wendungen. Wyatt geht es nicht um die Menschen, ihm geht es um die Affen. Es ist Caesars Geschichte, nicht Wills.

Die visuellen Effekte der neuseeländischen WETA Digital sind zweifelsohne bahnbrechend. Die Affen, allen voran Andy Serkis‘ Caesar, sehen so unfassbar realistisch aus, sie wirken manchmal echter als ihre menschlichen Pendants. Ein Blick in Caesars Augen spiegelt auch mehr Emotionen wider, als man es von einem computeranimierten Wesen je für möglich gehalten hätte. Das macht die Inszenierung ungemein glaubwürdiger und lässt den Zuschauer erst Recht mit den Affen sympathisieren und mitfühlen, die im Gegensatz zu früheren Planet der Affen Filmen keine mit Masken ausgestattete Menschen sind und so immer eine Art Fremdkörper waren.

Was am Ende im Gedächtnis bleibt, ist ein packender Film, dramatisch und visuell brillant inszeniert von einem unverbrauchten Regisseur, der einem Jahrzehnte-alten Franchise neues Leben eingehaucht hat und von Anfang an nicht nur besser unterhält, als fast alle diesjährigen Sommerblockbuster, sondern den Zuschauer auch emotional mitnimmt und zum Nachdenken anregt. Ein Film, dessen Ende so offen ist, dass die Fortsetzung schnell kommen darf, um die spannende Weiterführung der Geschichte zu erzählen, und die letzten, tollen Bilder des Films immer wieder ins Gedächtnis zurückzurufen: Caesar ist zu Hause. Wir, die Menschen, sind es bald nicht mehr.

★★★★☆


Originaltitel: Rise of the Planet of the Apes

Regie:Rupert Wyatt

Darsteller:
Andy Serkis ... Caesar
James Franco ... Will Rodman
Freida Pinto ... Caroline Aranha
John Lithgow ... Charles Rodman
Tom Felton ... Dodge Landon
Brian Cox ... John Landon

USA 2011, 105 Min.
Twentieth Century Fox
Kinostart: 11.08.2011
FSK 12

Trailer:



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