Filmkritik: A Serious Man

Kein Filmemacher ist derzeit so beliebt wie die Brüder Coen, die mit Filmen wie No Country for Old Men, Fargo, O Brother, Where Art Thou? oder A Big Lebowski ihren Fankreis von Jahr zu Jahr erweitern. Keine Frage: Was Joel und Ethan Coen anpacken, gewinnt mal hier einen Oscar, wird da von Kritikern auf der ganzen Welt gelobt und von den Anhängern als neues Wunderwerk gefeiert. Zweifelsohne macht man nichts verkehrt, wenn man sich da einklinkt und sagt: Da muss schon verdammt viel schiefgehen, damit die beiden mal einen schlechten Film an den Tag legen.

A Serious Man ist nämlich ein weiterer Beweis dafür, dass die beiden Brüder wirklich ein Talent dafür haben, abstruse Situationen noch durchgeknallter darzustellen. Es geht um den Juden Larry Gopnik (großartig: Michael Stuhlbarg), den das Pech zu verfolgen scheint: Die Frau hat einen Liebhaber und will sich scheiden lassen, der Sohn konsumiert Drogen, der Bruder ist arbeitslos und trauert seiner vor drei Jahren gestorbenen Frau hinterher, die Festanstellung als Professor ist in Gefahr, da ein südkoreanischer Student ihm Bestechungsgeld zugeschoben hat und Geldsorgen hat die Familie auch noch. Auf der Suche nach Hilfe rennt Larry nun von Rabbi zu Rabbi und muss am Ende erkennen, dass das Leben einfach Scheiße ist. Oder doch nicht?

Skuril ist gar kein Ausdruck, wenn man sich die Geschichte und ihre Charaktere ansieht. Der Schluss kommt unerwartet plötzlich und lässt einen eher unsicher und verwirrt zurück, der Anfang ist scheinbar völlig zusammenhangs los mit dem Rest des Films. Hier sehen wir eine Rückblende (im 4:3 Format!) nach Polen an den Anfang des 20. Jahrhunderts, in der das Thema Dybbuk behandelt wird: Ein alter Mann kommt ins Haus eines jüdischen Ehepaars - doch angeblich ist dieser Mann seit drei Jahren tot, weswegen die Frau vermutet, dass sich ein Dybbuk (nach jüdischem Glauben die Seele eines bösartigen Toten) im Körper des Verstorbenen befindet. Sie ersticht ihn, er torkelt ins winterliche Freie und wir springen in die Gegenwart des Films, der im Jahr 1967 spielt.

Die Coen Brüder, aufgewachsen in einer jüdischen Nachbarschaft in einem Vorort von Minneapolis, beziehen sich mit A Serious Man lose auf ihre eigene Kindheit (weswegen der Film auch in den 60ern spielt); auch ihre Eltern waren Professoren. Die Skurrilität der Geschichte und seiner Figuren ist wie üblich bei den Coens von vorn herein gegeben: Oft bis zur Schmerzgrenze getrieben, sind manche Charaktere so nervig oder schräg, dass es manchmal fast zuviel des Guten ist, doch niemals überschreiten sie die letzte Grenze. Ob die Rabbis, der Liebhaber von Larrys Frau oder sein Bruder - sie alle sind eigenartige Menschen. Und er ist einer von ihnen.

Zu der eigenwilligen Inszenierung gehören neben exzentrischen Figuren und rabenschwarzem Humor natürlich noch die grotesken Szenen, diesmal in Form von Larrys Albträumen eingebaut. Das eingespielte Team um die beiden Regisseure, Kameramann Roger Deakins, Komponist Carter Burwell oder auch Kostümdesignerin Mary Zophres, arbeitet auch hier erneut wie eine große Familie zusammen. Was dabei herausgekommen ist, ist ein gewohnt skurriler und sympathischer Film mit einem tollen Hauptdarsteller und rabenschwarzem Humor, aber bei Weitem kein so großer Wurf wie ihn die Coens durchaus drauf haben.

★★★☆☆


Originaltitel: A Serious Man

Regie: Ethan Coen, Joel Coen
Drehbuch: Joel Coen, Ethan Coen

Kamera: Roger Deakins

Darsteller:
Michael Stuhlbarg ... Larry Gopnik
Richard Kind ... Uncle Arthur
Fred Melamed ... Sy Ableman
Sari Lennick ... Judith Gopnik
Adam Arkin ... Divorce Lawyer
Michael Lerner ... Solomon Schlutz
Amy Landecker ... Mrs. Samsky
Peter Breitmayer ... Mr. Brandt

USA/UK/F 2009, 106 Min.
Kinowelt
Kinostart: 21.01.2010
FSK 12

Trailer:

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